
Flaschenputzer treffen auf getrocknete Rosen, schimmernde Glaskugeln krönen ein Geweih, kleine Spruchtafeln geben widersprüchliches zum Besten. Der Kosmos von Inka Perl ist schillernd und doch zurückhaltend, filigran und dennoch voller Schlagkraft, humorvoll und gleichzeitig kritisch und immer ein bisschen rätselhaft.
Die gebürtige Leipzigerin fügt zusammen, was auf den ersten Blick nicht heterogener sein könnte. Und doch verschmelzen die Dinge zu neuen Sinngebilden, welche mit einem Augenzwinkern und unverblümter Neugier die normative Wahrnehmung der Wirklichkeit hinterfragen.
Inka Perls Arbeiten sind Objektcollagen. Auf Flohmärkten sammelt sie Dinge, die ihr ins Auge stechen, die sie neugierig machen oder die ihr gefallen. Ganz im Sinne Marcel Duchamps entscheidet sie, welche Objekte Kunst sind beziehungsweise werden dürfen.
Diese erfahren dann eine Transformation, Verschmelzen zu einem neuen Ganzen, werden zu dreidimensionalen Collagen voller visueller Überraschungen. Sie spielen mit dem post-surrealen Geist des Wunderbaren, welches durch die „unvermutete Begegnung einer Nähmaschine und eines Regenschirms auf einem Seziertisch“ hervorgerufen wird.1
Dieses „Wunderbare“ ist es, was Inka Perls Werke zu so faszinierenden kleinen Universen werden lässt. Jede Arbeit eröffnet eine neue Welt voller Ideen und Assoziationen. Sie führt uns vor Augen, dass die alltäglichen Dinge mehr sein können als das, was wir in ihnen sehen.
Damit setzt sie die Gedankenwelt keines geringeren, als des großen surrealistischen Malers René Magritte in die dritte Dimension um, drückt ihr dabei jedoch ihren ganz prägnanten „Inka“-Stempel auf, entwickelt die Ideen auf ihre eigene Art und Weise weiter.
René Magritte ist bekannt für die Irritationen, die er in seinen Werken dadurch erzeugte, dass er unsere Erfahrungen der Wirklichkeit aushebelt. Er verfremdete Alltägliches, indem er es aus dem gewohnten Kontext hob. Alle Bilder Magrittes sind jedoch über eine „poetische Logik“ nachvollziehbar, sie stellen „Denkbilder“2 dar, welche rational reflektierbar sind.
Solche Denkbilder bzw. Denkobjekte sind auch Inka Perls Arbeiten. Die Künstlerin hat sich eine wunderbare Neugier bewahrt, welche nichts scheut und sich nicht aufhalten lässt. Mit dieser befragt sie nun die Welt. Sie dreht, wendet und kombiniert die Dinge so weit und so lange, bis sie eine Perspektive gefunden hat, welche sie zufrieden stellt. So entstehen spielerisch neue Sinnzusammenhänge, die uns als Betrachtern andere Blicke und ungewohnte Sichtweisen erlauben.
Mit einem bezaubernden Humor und gleichzeitig oftmals kritischem Blick haucht Inka Perl den alltäglichen Dingen so ein neues Leben ein – ein zweites Leben mit origineller Bedeutung und unkonventionellen Zusammenhängen.
1 Lautréamont, Die Gesänge des Maldoror (Orig.: Les Chants de Maldoror, Paris 1868), Sechster Gesang. Reinbeck bei Hamburg 1990 (1963), S. 223.
2 Karin Thomas: Blickpunkt Moderne. Eine Geschichte der Kunst von der Romantik bis heute. Köln 2010, S. 227.